Der Grüne Weg des Regionalen Naturparks des Flusses Sile ist ein ökologischer Korridor, der den ganzen Park von den Quellen bis nach Portegrandi durchquert und für die sanfte Mobilität (Radfahren, Wandern und Bootfahren) bestimmt ist. Die Grüne Straße ist nicht nur eine alternative Strecke zu den konventionellen Verkehrswegen, sondern stellt das Rückgrat eines Netzwerkes dar, das alle wichtigen Anziehungspunkte miteinander verbindet, die für den Besucher von Interesse sind, der das Parkgebiet kennenlernen möchte und so nach und nach alle seine Besonderheiten entdecken kann.
Es ist mit Sicherheit das Biotop mit dem größten Reichtum an Tier- und Pflanzenarten, auf das man am Oberlauf des Sile treffen kann. Heute sind nur noch einige bedeutende von ihnen erhalten, während einst die Ausdehnung des Sumpfgebietes beträchtlich war und für die Bewohner der umliegenden Ortschaften eine wichtige zusätzliche Einkommensquelle darstellte. Die bedeutendsten Trockenlegungsmaßnahmen wurden während der venezianschen Kolonisierung dieses Gebiets im 16. Jahrhundert durchgeführt; die letzten Maßnahmen wurden in den 60er Jahren abgeschlossen, zweifellos mit Vorteilen für die extensive Monokultur, aber mit schweren Verlusten für die Vielschichtigkeit und den Reichtum des Gebiets. Im Oberlauf des Sile gibt es fünf Stellen, wo man dieses Biotop finden kann: die Gruben der ehemaligen Ziegelbrennerei in Istrana, der Sumpf von Morgano, Buse von Carlesso, der Sumpf des Naturschutzgebiets der Mühle von Cervara und der Sumpf con Canizzano. Auch wenn sie vergleichbar sind, weisen sie doch unterschiedliche Faktoren auf: einige sind natürliche Biotope, andere naturalisiert; einige sind tief und überschwemmt, andere halbüberflutet oder trocken. In jedem von ihnen kann allerdings die typische Struktur dieser Biozönose beobachtet werden.
Bis er nach Treviso gelangt, bewahrt der Fluss Sile beachtliche natürliche Merkmale: in dieser Hinsicht erscheint die Strecke von Canizzano bis zur Stadt besonders interessant. Von der Ponte di Ferro (Eisenbrücke) kann man auf einen Blick den Unterschied zwischen dem Oberlauf und dem Mittellauf erkennen: er kommt dort breit und von einer dichten Ufervegetation umgeben an, dann geht es zwischen immer "städtischeren" Flussufern weiter, bis er schließlich zwischen gemauerten Ufern durchfließt. Wenn man auf der rechten Uferseite geht (Lungosile A. Mattei), die vor allem reich an Platanen ist (Platanus Ibrida), an Robinien und einigen bemerkenswerten Europäischen Zürgelbäumen (Celtis australis), kommt man zur (Brücke) Ponte De Gasperi, auf der es sich lohnt anzuhalten, um den Reichtum der Gewässervegetation zu bewundern, die hauptsächlich aus langen und dünnen wie Haare aussehenden Lazinien besteht und aus Wasserbutterblumen (Ranunculus trichophyllus). Auf der linken Uferseite überwiegen die Robinien (Robinia pseudoacacia) und der Holunder (Sambucus nigra).
Hinter Treviso verändert der Sile seine Gestalt: die Ufer, die im Oberlauf niedrig und sumpfig waren, machen den "alzaie" (Treidelwege), auch "restere" genannt, Platz, von denen aus ehemals die großen Lastkähne flussaufwärts gezogen wurden. Heute werden sie von allen genutzt, die ihre Freizeit an der frischen Luft verbringen möchten: Naturliebhaber, Sportler, Jugendliche, junge Mütter mit ihren Kindern, oder Großeltern...
Ein Vorhang von unendlichen Grüntönen kündigt im Frühling das Quellengebiet des Sile an. Wer aus nördlicher Richtung, von Casacorba auf der via Santa Brigida kommt, trifft nach einem Verpflegungspunkt auf eine unbefestigte Straße (für Fußgänger), die auf der linken Seite beginnt. Kurz dahinter entdeckt man immer noch auf der linken Seite einen breiten "caredòn" (Wanderweg), der in die Pflanzenwelt vordringt, die ihn umgibt.
Man stößt sofort auf einen schnellen Wasserlauf, der nach einer Kurve zwischen tief liegenden Ufern verschwindet: den Zero. Er ist der kleine Bruder des Sile, weniger bekannt, aber nicht unbedeutender sowohl in Bezug auf die Umwelt als auch in historischer Hinsicht. Seine Gewässer waren wichtige Nahrungsmittel- und Wasserressourcen für den gleichnamigen Ort, der einige Kilometer weiter talwärts von ihm ins Leben gerufen wurde und der schon im 15. Jahrhundert auf die erste Ansiedlung in Badoere hinwies: Zeruol nämlich. Auch Zero Branco verdankt ihm seinen Namen.
Von der Großen Eiche aus nordwärts nach Durchquerung einer Schleuse, die den Eingang in privates Gelände anzeigt, überquert man ein ziemlich trockenes Torfgebiet, das hauptsächlich mit Sumpfrohr (Phragmites australis) und Riesenknopfgras (Cladium mariscus) bewachsen ist. Diese Biozönose stellt eine Zwischenstufe in der Entwicklung des Sumpfes dar. Gebiete mit hohem Grundwasserspiegel oder wo regelmäßige Überschwemmungen vorkommen, unterliegen nämlich einer natürlichen und langsamen Evolution.
Die Vegetationsansammlung am Boden, die sich jährlich erneuert, führt zur Entstehung von immer festeren Torfböden (wie der, über den wir gerade gehen) und auf denen mit der Zeit verschiedene Sträucher wie der Faulbaum und die Weide wachsen. Zuletzt haben hochstämmige Bäume hier ihre Wurzeln gefaßt, die ein neues Biotop bilden: der Wald der Ebene. Die Mauer der hohen Sumpfgräser, die uns den Weg vorgibt, verschwindet ganz plötzlich an der Schwelle zu einem außergewöhnlichen grünen Meer: das Torfmoor, im Norden von einer Reihe von Sträuchern und einigen bedeutenden Exemplaren an Silberweiden begrenzt und hinten, im Westen, von einem einzigen Baumstumpf, von dem drei Eichenstämme abzweigen. Die Spur auf dem Boden verläuft jetzt weniger deutlich, ist aber weiterhin sicher und muß auf alle Fälle befolgt werden, nicht nur, um nicht die vielen, teilweise auch äußerst seltenen Pflanzenarten, die man hier bewundern kann, zu beschädigen, sondern auch, weil wir uns auf privatem Gelände befinden. Es ist dem Mähen der Bauern im Sommer zu verdanken, daß dieses Gebiet seinen außerordentlichen Reichtum bewahrt, der sich vor allem im Frühjahr und in den Sommermonaten im Gelb der bodenbedeckenden Klappertöpfe (Rhinanthus minor), dem Lila der Brunella (Prunella vulgaris), oder dem weißen Büschel des Breitblättrigen Wollgrases (Eriophorum latifolium) zeigt. Andere Pflanzenarten von Bedeutung sind das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), der Salzburger Augentrost (Euphrasia salisburgensis), der Duftende und der Kriechende Thymian (Thymus serpyllum) und die Sommerwurz (Orobanche gracilis), eine parasitische Pflanze, die auf den Wurzeln des Färberginsters (Genista tinctoria) wächst.